Gartenrosen im Klimawandel – hitzebeständig und insektenfreundlich

Die Blütezeit der modernen Gartenrosen von Mitte Juni bis weit in den September hinein ist nahezu identisch mit dem Zeitraum, der von den Imkern als „Sommertracht“ bezeichnet wird. Die steigenden Sommertemperaturen der letzten drei Sommer machen vielen Gehölzen zu schaffen – nicht unbedingt den Rosen. Die Zeit von Juni bis September ist für die Insektenwelt in Siedlungsbereichen aber auch in der freien Landschaft oft ein schwieriger Zeitraum, da sich in vielen Gärten die Auswahl an blühenden Pflanzen enorm reduziert. Die Linden sind verblüht, Wiesen werden gemäht, die heimischen Gehölze sind schon dabei, die ersten Früchte zu bilden. Es macht Sinn, durch intelligente Pflanzungen das Angebot an Blüten gerade in diesem Zeitfenster zu erhöhen, um der Insektenwelt ein kontinuierlich attraktives Nahrungsangebot zu bieten.
Diese Kontinuität können die modernen, öfter blühenden Rosen durch ihre Haupt- und Nachblüten über einen langen Zeitraum gewährleisten. Die Rosen liefern zwar vergleichsweise nur wenig Nektar, aber als Pollenlieferanten können sie für Bienen, Wildbienen, Hummeln und Schwebfliegen - um nur die bekanntesten zu nennen – einen wichtigen Beitrag zur Versorgung mit hochwertigem Eiweiß liefern. Ein wichtiger Aspekt an der Stelle: An den meisten Blüten, die von Honigbienen besucht werden, kann man mit etwas Geduld auch Wildbienen beobachten. Und man muss zu unterschiedlichen Tageszeiten und wenn möglich bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen beobachten, denn das Auftreten von (Wild-)Bienen ist von verschiedenen Faktoren abhängig, die nur bei mehreren Durchgängen korrekt erfasst werden können.
Wildbienen profitieren besonders von Rosen
Bei den an Rosen zu beobachtenden Wildbienen sind es vor allen Dingen die im Siedlungsbereich vorherrschenden Generalisten (Polylektisch), die von dem Vorhandensein von attraktiven Rosensorten profitieren können. Polylektisch nennt man die Wildbienen, die nicht auf eine einzelne Nahrungspflanze spezialisiert sind, sondern sich mühelos von verschiedenen Blütenpflanzen ernähren können. In unserem Versuchsbetrieb konnten bei Linden, die im Zeitraum von Rosen blühen, über 30 verschiedene Wildbienenarten, vorwiegend Generalisten, gefunden und bestimmt werden. Diese Zahl kann vermutlich annähernd auch auf Rosen und ihre Begleitflora übertragen werden. Dieses Wissen hat sich mittlerweile in der Gartenwelt herumgesprochen. Deshalb suchen Rosenfreunde zunehmend Gartenrosen, die nicht nur attraktiv und lange blühen, duften, robust und pflegeleicht sind, sondern im Sinne der Biodiversität vielen Insekten als Nahrung dienen und im Herbst den Vögeln und sonstigen Gartenbewohnern auch noch möglichst viele Hagebutten anbieten. Die weitverbreitete Meinung ist dabei oft, dass ausschließlich ungefüllte Blüten von Bienen beflogen werden und nur diese automatisch zu Hagebutten führen. Diese Aussage ist so nicht richtig und muss unbedingt korrigiert werden!
Es stimmt im Umkehrschluss eben nicht, dass halbgefüllte und nahezu ganz gefüllte Blüten von Insekten nicht besucht werden oder nur sehr wenige Hagebutten produzieren. Es gibt eine Vielzahl an empfehlenswerten Gartenrosen mit mehr oder weniger gefüllten Blüten, die beim Abblühen ihre leckeren Staubgefäße zeigen. Es ist teilweise sogar sehr überraschend, wenn ansonsten stark gefüllte Rosensorten wie z.B. Augusta Luise, Gertrude Jekyll, Herzogin Christiane oder Pomponella nachweislich in der abgehenden Blüte von Bienen beflogen werden können, um den eiweißreichen Pollen zu ernten. Das findet zwar nur bei trockenen Wetterbedingungen statt, denn in längeren Regenperioden verkleben die Blüten und können nicht besucht werden, aber die trockenen Sommer der letzten Jahre begünstigen dieses Phänomen.
Auch gefüllte Rosen haben Potential zur Bildung von Hagebutten
Das einfachste Erkennungsmerkmal ist die Bildung von Hagebutten einer bestimmten Rosensorte, denn die Befruchtung der Rose findet wie bei den Rosengewächsen üblich über die Bestäubung durch Insekten statt. Aber gerade bei den öfter blühenden Rosen, die nach dem ersten Blütenflor in der Regel ja stark zurückgeschnitten werden, um Folgeflore zu stimulieren, ist dies nicht immer gleich zu erkennen. Dabei gibt es zahlreiche gefüllt blühende Sorten, die auch das Potential zur Bildung von Hagebutten haben. Nur sieht man es meist nicht, eben weil vorher ja zurückgeschnitten wurde. Lässt man aber die Rosen nach dem ersten Flor ungeschnitten durchwachsen, dann wird man in vielen Fällen überrascht sein, wer alles Hagebutten in unterschiedlichsten Formen und Farben ausbilden kann. Der Besuch eines Rosariums im Spätherbst zeigt immer wieder, das sogenannte „nostalgische“ Rosen, obwohl stark gefüllt blühend, zahlreiche Hagebutten bilden können. Es sieht so aus, als gäbe es bei Gartenrosen keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Blütenfüllung, Insektenbeflug und Hagebuttenschmuck. Ungefüllte Blüten sind grundsätzlich im Vorteil, sie können viele, aber in manchen Fällen auch nur wenig oder gar keine Hagebutten liefern, gerade so wie es bei gefüllten Blüten ebenfalls Bienen- bzw. Hagebuttenrosen gibt. Das gleiche Phänomen gilt sinngemäß auch für den Beflug gefüllter bzw. ungefüllter Sorten durch (Wild)Bienen, Schwebfliegen und sonstige Insekten.
Keine Bevorzugung von Rosenfarben
Ein ähnlich diffuses Bild gilt auch für die Präferenz einzelner Blütenfarben. Nach unseren Beobachtungen wird keine der gängigen Rosenfarben bevorzugt beflogen bzw. nicht besucht. Ob gelb, weiß, pink, rosa, apricot oder orange: in allen Farben gibt es in unseren Beobachtungen zahlreiche Beispiele für regen Blütenbesuch und selbst die Farbe Rot, die von Honigbienen als Schwarz gesehen wird, ist bei Rosen überhaupt kein Problem und wird nach unserer Erfahrung ebenfalls häufig von (Wild)Bienen besucht. Es fällt allerdings auf, dass vor allen die kräftig gelb leuchtenden, frisch erschienen Staubgefäße sehr attraktiv erscheinen und stark besucht werden. Ob das an der gelben Farbe oder an der Frische des Pollens liegt, kann aus unserer Sicht nicht eindeutig beurteilt werden. Vielleicht liegt es ja an beiden Eigenschaften. Fakt ist: das Thema Bienenrosen begeistert derzeit viele Gartenfreunde, die damit die Biodiversität in ihrem Garten erhöhen wollen. Der Erfolg der Nektargarten-Serie von Kordes mit Sorten wie Dolomiti, Topolina, Lemon Fizz oder Summer of Love, um nur einige zu nennen, oder die extrem starke Nachfrage nach den verschiedenfarbigen Sorten der Bienenweide-Kollektion von Tantau belegen diesen Sachverhalt auch in Zahlen. Es ist derzeit im Trend, ungefüllte oder halbgefüllte Sorten zu pflanzen und in der Regel mit geeigneten Stauden zu ergänzen. Dies führt auch zu einer Verschiebung im Sortiment in Richtung staubgefäßzeigende Rosen und manch eine Sorte wie z.B. Juanita, Pretty Sunrise, Apfelblüte oder Sweet Haze, die in den vergangenen Jahren ein Schattendasein frönten, könnten im Zuge des Biodiversitätsgedankens einen zweiten Frühling erleben. Und ein weiterer Aspekt, der sich auf das Pflanzen von Rosenpositiv auswirken sollte, ist: In unseren Listen über Rosen, die von Insekten besucht wurden, sind mehr als 40 ADR Rosen enthalten.
Mein „ideeller“ Rosengarten
Mein „ideeller“ Rosengarten der Zukunft sollte traditionelles Wissen und wissenschaftliche Neuerung nicht gegeneinander ausspielen, er sollte je nach dem Geschmack des Gartenbesitzers die guten alten Rosensorten mit den guten modernen Rosensorten vereinen. Vielfalt statt Einfalt, Toleranz im Rosengarten, auch gegenüber den staudigen Begleitpflanzen. Denn ausgepflanzte und kräftig eingewurzelte Rosen können heißtrockenen Sommer vergleichsweise gut überstehen. Wenn es uns gelingt, Rosengärten der Zukunft als wenig Wasser verbrauchend, als mit gesunden, ökologisch wertvollen Sorten ausgestattet und zusammen mit den bienenfreundlichen Stauden als biodiverse Inseln zu gestalten, dann haben wir sehr viel erreicht. Das muss unser Ziel sein: weg von der Rose als stacheliges, krankes und viel Arbeit machendes Gehölz hin zu einem pflegeleichten und ökologisch wertvollen Gestaltungselement eines biodiversen Gartens.
Ziel dieser Überlegungen ist es, die von vielen Vorurteilen behaftete Rose (krank, wehrhaft, viel Arbeit) zusammen mit ihren Begleitpflanzen unter Einbeziehung ihres Zusatzwertes für Bienen und Co. in einem ganz anderen Licht erscheinen zu lassen. Das Rosenbeet als spät blühende Bienenoase ist besser als das kränkelnde Dornenbeet. Die öfter blühenden Bienen-Rosen und deren Begleiter machen es möglich. Denn mit geeigneten Begleitpflanzen wie Lavendel, Salbei oder Katzenminze -um nur einige zu nennen- kann jedes Rosenbeet in ein Bienenbeet verwandelt werden. Alles Pflanzen, die mit heißen und trockenen Bedingungen gut zu Recht kommen, genauso übrigens wie die Gartenrosen: gut eingewurzelte Exemplare haben den Trockensommer 2018 in der Regel auch ohne Zusatzbewässerung schadlos überstanden und das sind Argumente, die in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels immer wichtiger werden.
Autor: Klaus Körber, Landwirtschaftsdirektor an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau