Positionspapier der DBG für das Weißbuch des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Die Rolle von Gartenschauen für das Grün in der Stadt
Mit Bundesgartenschauen und Internationalen Gartenausstellungen werden seit 1951 regelmäßig nachhaltige Investitionen im Rahmen von integrierten Stadtentwicklungsprozessen in deutschen Städten und Regionen ausgelöst.
Die konkreten Aufgaben, die damit verbunden waren und sind, können über die vergangenen 70 Jahre sehr deutlich abgelesen werden: Wiederherstellung des durch Kriegs- und Nachkriegseinwirkungen zerstörten Stadtgrüns, Neuanlage von Stadtparks, Wohnumfeld-Begrünung, Umsetzung von städtischen Grünzugprojekten, ökologische Renaturierungsmaßnahmen, Konversion von Militär- und Industriehinterlassenschaften, Rekonstruktion von Garten- und Naturdenkmalen, Schaffung von Freizeit-, Sport-, und Tourismusinfrastruktur, Umlegung von großflächigen Verkehrsanlagen, komplexe Entwicklung von Stadtquartieren, Qualifizierung von städtischen Peripherien, Flächen-Entsiegelungen, Ufergestaltungen, Hochwasserschutz, Klimaschneisen, Energiegewinnung, Begrünung von Dächern und Fassaden, Stadtinszenierung und Leitbildprozesse, Regionale Entwicklungsszenarien usw., usw.
Die Rolle von Städten und Regionen in Hinsicht auf ihre Funktionsbereiche wie Arbeiten, Wohnen, Freizeit, Gesundheit, Kultur, Tourismus usw. ist ständigen Veränderungen und gesellschaftspolitischen Anpassungen unterworfen.
Dabei nimmt bei diesen Entwicklungen und Transformationen die Bedeutung einer „Grünen Infrastruktur“ beständig zu. Hierfür liefern die Bundesgartenschauen in Deutschland alle zwei Jahre Vorschläge und Lösungen: Mit der Planungskompetenz der Landschaftsarchitekten und Fachplaner und daraus folgend innovativer Freiraumgestaltung, mit den Fachbetrieben des Deutschen Gartenbaus in seinen vielfältigen Ausrichtungen bei der baulichen Realisierung, mit einer interdisziplinären Begleitung durch Wissenschaft und Forschung in Zusammenarbeit mit den Universitäten und Hochschulen, mit zeitgemäßen kulturellen Interventionen, der Einbindung der lokalen und regionalen Wirtschaft und damit entsprechenden Wertschöpfungseffekten, mit bundesweiter Kommunikation und Ausstrahlung, was wiederum Impulse für Regional- und Stadtmarketing auslöst.
Die politische Bedeutung und Wertschätzung für BUGAs und IGAs zeigt sich u.a. in der Übernahme der Schirmherrschaft durch den Bundespräsidenten, der regelmäßig nach der Fertigstellung der Baumaßnahmen das halbjährige Fest, das als bekannte und beliebte Groß-Veranstaltung generationsübergreifend jede zwei Jahre ein Millionenpublikum anzieht und begeistert.
Sämtliche durch Bundesgartenschauen geschaffenen Parks, Grünzüge, Zwischenräume und Plätze sind noch in den jeweiligen Stadtbildern ablesbar und in Funktion. Sie werden durch die kommunalen Träger zum größten Teil bedarfsgerecht weiterentwickelt und professionell gepflegt und betrieben Dadurch sorgen sie nachhaltig für die Lebensqualität von Bewohnern und Besuchern.
BUGA und IGA fungieren als Katalysatoren
Gartenschauen tragen die Leitideen von „Grün in der Stadt“. - Mit ihnen entstehen urbane Orte der Begegnung von Jung und Alt, Eingesessenen und Zugewanderten ohne Ausgrenzung. Ihre qualifiziert und kreativ aber auch häufig naturnah gestalteten Grünräume und Stadtbiotope dienen der Erholung, der Wissensvermittlung, dem Miteinander in Sport, Spiel und Freizeit. Sie dienen der Integration und übernehmen damit eine entscheidende Rolle zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Schon in den Vorüberlegungen und den ersten Planungen spielen - neben den zentralen städtebaulichen Aufgaben - zukunftsorientierte Fragestellungen, wie in Bezug auf den demografischen Wandel, die Veränderungen des Klimas, im Bereich der Biodiversität, Aufgaben im Natur- und Denkmalschutz, bei der Umwelterziehung usw. eine zunehmend wichtige Rolle.
BUGA und IGA nehmen die Bürger mit
Vom gestalteten Grün über die naturnahen Zwischenräume bis zum Urban Gardening werden Bürger in den Entstehungs- und in den dauerhaften Nutzungsprozess - nicht nur auf dem neuen Gartenschaugelände, sondern auch auf Korrespondenzflächen in Stadt und Region eingebunden. Hierzu zählen auch bereits bestehende Parks, Friedhöfe, Schulgärten, umgebendes Grün bei Altersheimen oder Kliniken oder einfach nur Verkehrsinseln oder Baumscheiben. Auf diese Weise tragen mitgestaltete und –gepflegte Grünflächen zu einer neuen Identifizierung mit der Stadt bei, die Verantwortung für das Geschaffene einschließt. Sie stärkt das Bewusstsein der Bürger und macht sie zu Botschaftern ihres Quartiers oder der ganzen Stadt.
Grundlage für sämtliche BUGA/IGA-Projekte in Städten und Regionen ist ein breit angelegtes Partizipationsverfahren. In Ideen- und Planungswerkstätten, Dialog- und Informationsformaten, Ortsterminen und Online-Plattformen werden im Vorfeld Informationen vermittelt, Ideen gesammelt, Positionen ausgetauscht und Konflikte zu Lösungen geführt. Sämtliche BUGA/IGA-Projekte greifen zu professionellen Methoden, um eine aufrichtige und zielführende Bürgerbeteiligung zu erreichen.
Realistische Finanzierungsmodelle sichern Grün in der Stadt
Grundlage einer jeden BUGA/IGA Planung und Realisierung ist ein realistisches Finanzierungskonzept. Die Städte und Regionen bedienen sich hierzu bei den Investitionen aus einer bewährten Kombination aus den Förderprogrammen der Länder (Mittel des Bundes und der EU eingeschlossen) ergänzt durch die kommunalen Eigenanteile sowie weiterer Haushaltsmittel, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren als „Ansparmodell“ geplant werden. Hinzu kommen direkte Einnahmen aus der Durchführung der Gartenschauen, ergänzt um Drittmittel von Sponsoren, Stiftungen usw.
Obwohl Bundesgartenschauen und Internationale Gartenausstellung in der erwähnten Bündelung von Investionsmaßnahmen und Durchführungsaufwand im kommunalen Maßstab die Dimension von „Großprojekten“ erreicht haben, sind sämtliche BUGAs und IGAs seit 1951 termingerecht fertiggestellt und eröffnet worden. Damit verbunden ist in der Regel die strikte Einhaltung der Baukosten. Die große Verbindlichkeit in den jeweiligen Planungs- und Realisierungsverfahren ist im Wesentlichen auf den langjährigen Erfahrungshintergrund dieses Formates für integrierte Stadtentwicklungsprozesse zurückzuführen. Dieses know how wird von der DBG als jeweiliger Vertragspartner und Mitgesellschafter in den Gartenschau-Städten und Regionen eingebracht.
Festzuhalten sind auch die direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte, die durch die vor Ort getätigten Aufwendungen entstehen und unmittelbare Auswirkungen für die regionale Wirtschaft (Bau, Pflege, Dienstleistungen, Einzelhandel, Tourismus usw.) haben, wobei die damit verbundenen Auswirkungen, wie Umsatzaufkommen sowie Steuer- und Beschäftigungseffekte nachweisbar sind.
Nach Ende der Gartenschau werden die zuvor realisierten Areale dem zukünftigen Betreiber – zumeist die ausrichtende Stadt selbst bzw. ein von ihr eingesetzter kommunaler Träger – übergeben, und es greift das im Vorfeld verabschiedete Pflege- und Nachnutzungskonzept. Grundlage dafür sollte eine präzise Lebenszykluskostenberechnung sein, mit der die finanzielle Prognose für eine qualitätsvolle Pflege zur Erhaltung der Attraktivität der Flächen gewährleistet ist. Hinzu kommen Konzepte und Initiativen für die Bespielung des Grüns. Hier werden häufig bewährte Formate und Trägerstrukturen aus der BUGA/IGA-Durchführung erfolgreich fortgesetzt.
Der Blick in die Zukunft
Die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft hat vertragliche Vereinbarungen für BUGAs und IGAs bis zum Jahr 2031. Darüber hinaus liegen konkrete Bewerbungen auf der Grundlage der entsprechenden kommunalen Beschlüsse bis 2035 vor; Sondierungsgespräche mit verschiedenen Städten und Regionen werden bis in die 2040er Jahre hinein geführt.
Das untersetzt die Rolle der DBG mit dem Instrument Bundesgartenschauen und Internationale Gartenausstellungen als zukunftsorientierter Partner für die Bundesregierung, die Länder sowie die Kommunen und Regionen bei den aktuellen und bevorstehenden Aufgaben im Rahmen von „Grün in der Stadt“.