Hunderte Puppen ausgesetzt: Dörscheid will wieder Schmetterlinge ansiedeln

Die große Schmetterlingsvielfalt – über 650 an der Zahl und einige hiervon auf der roten Liste – machen die Dörscheider Heide zu einem Naturschutzgebiet ersten Ranges. Der Rheinhöhenort Dörscheid möchte dieses Potenzial nutzen und sein Profil schärfen – auch in Hinblick auf die BUGA 2029.

Nach einem Auftakt im Herbst mit der Gartenexpertin Heike Boomgarden, bei dem es reichlich Informationen gab, was die Bevölkerung selbst tun kann, um Schmetter-lingen optimale Bedingungen in ihren Gärten zu bieten, wurden jetzt von Fachleuten Puppen des seltenen Fetthennen Bläulings (Scolitantides Orion) auf der Dörscheider Heide ausgesetzt, um den wunderschönen blauen Schmetterling dort wieder anzusiedeln. Im Rahmen eines landesweiten Projektes der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie (GNOR) wurden die Falter vom Organisator der Aussetzung Wolfgang Düring (BUND) zur Wiederbesiedlung von Biotopen in der Dörscheider Heide über mehrere Jahre hinweg gezüchtet. „Seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist das Vorkommen des Orion Bläulings in der Dörscheider Heide dokumentiert“, erläuterte Düring beim Treffen am Hardungsberg oberhalb von Kaub. „Die Dörscheider Heide galt zu dieser Zeit als Eldorado für Schmetterlings-liebhaber. Seit 2017 konnte der Falter aber in dem gesamten Gebiet nicht mehr nachgewiesen werden.“ Der deutschlandweit bedrohte Einmalige Falter lebt auf den felsigen Südhängen im Rheintal. Die Raupen leben in Symbiose mit Ameisen an der großen Fetthenne, die hier vorkommt.

Die Aktion gewann zahlreiche Unterstützer

Bei dem Termin waren ebenso anwesend Oliver Eller, der Projektleiter des landesweiten Projektes, Martin Unfricht, der zuständige Biotopbetreuer für die Dörscheider Heide, Ute Grassmann und Christine Sy von der örtlichen Initiative „Schmetterlingsdorf Dörscheid“, weitere Schmetterlingsexperten aus Rheinland-Pfalz und Hessen wie Dr. Matthias Sanetra und Alfred Westenberger sowie viele weitere Unterstützer des Projektes. Wolfgang Düring hatte seit 2018 aus Eiern des Falters aus der Umgebung von Bacharach zunächst Raupen und dann Puppen gezüchtet. In den Folgejahren wurde die Zucht verfeinert. Im Jahr 2020 gelang zum ersten Mal die Zucht eines Weibchens, welches in Freiheit verpaart wurde. Aus circa 45 Eiern dieses Tieres wurden dann 40 Puppen gezüchtet, die im Jahre 2021 35 Falter ergaben. Die Falter wurden erneut zur Eiablage gebracht, und so konnten 1500 Puppen zum Aussetzen in ehemals besiedelten Habitaten des Falters gewonnen werden.

Mit 500 Tieren beginnt die Reansiedelung

Jetzt wurden im ersten Schritt 250 dieser Puppen am Hartungsberg unter Blumentöpfen versteckt ausgesetzt. Insgesamt sollen in dem Gebiet 500 Tiere ausgesetzt werden. Für die Aktion war eine mehrjährige Vorarbeit erforderlich. Nachdem in den Flächen keine Falter mehr gesichtet worden, wurde zunächst nach den Ursachen des Verschwindens geforscht. Die Verbuschung der Flächen und das Fehlen der großen Fetthenne als Futterpflanze der Raupen wurden als Hauptursachen identifiziert. So wurde in den folgenden Jahren eine Freistellung von Teilflächen durchgeführt und ungezählte Pflanzen der großen Fetthenne wurden aufwändig nachgezogen und im Gebiet ausgebracht. Deshalb hoffen die Naturschützer, dass die Flächen jetzt wieder in einem Zustand sind, in dem die Falter langfristig überleben können. Der weitere Fokus liegt jetzt darauf, den Lebensraum der kleinen Bläulinge weiter zu verbessern und zu erweitern. Dazu will auch die Initiative „Schmetterlingsdorf Dörscheid“ zusammen mit der BUND- Ortsgruppe Loreley beitragen, indem in Dörscheid einheimische Wild Pflanzen, unter anderem die große Fetthenne, vermehrt nachgezogen werden und dann später in Abstimmung mit dem Projekt ausgewildert werden.

Auf einem Spaziergang Tipps für die Bewohner ringsum vermittelt

Und was können die Bewohner rund um Dörscheid selbst tun, um Schmetterlingen gute Lebensbedingungen zu schaffen? Viele Ideen wurden beim gemeinsamen Spaziergang mit Heike Boomgarden entwickelt. Es wurden private wie öffentliche Flächen begutachtet, Inspirationen ausgetauscht, Fragen beantwortet und viele Ideen gesponnen. So könnte etwa auf einem Dorfplatz ein „Neubaugebiet für Schmetterlinge„ entstehen, von „Geburtsstation über Kindergarten und Schule bis zum Eigenheim und Supermarkt“, schmunzelte Boomgarden und erklärte, dass die verschiedenen Stadien des Schmetterlings vom Ei über Raupe und Puppe bis zum Schmetterling verschiedenste Bedürfnisse an Pflanzenwelt und Umgebung stellen. Brennnesselecken, Totholzhaufen, Sandarium (ein Sandbeet) und Steinhaufen sind beispielsweise ein Muss in jedem Schmetterlingsgarten. Eine weitere öffentliche Grünfläche können als „Nachtklub“ für die besonders gefährdeten Nachtfalter ausgebaut werden, inklusive Beobachtungsstation für interessierte Hobby- und Nachwuchsforscher.

Schmetterling auch im eigenen Garten anziehen

Neben dem öffentlichen Grün wurde auch auf die Bedeutung von privaten Gärten für Schmetterlinge und andere Insekten hingewiesen. Man darf hier „mutig“ sein, und in seinem Garten mal ein Rasenstück wachsen lassen, mit einem 1 m breiten gemähten Rahmen versehen, und schon hat man ein wundervolles Wiesengemälde im Garten“, meinte Boomgarden. Und statt Pflanzenschutz- oder Hausmittel gegen wucherndes Grün in Pflasterfugen und sonstigen Ritzen empfiehlt Boomgarden kriechende Duftkräuter, „das sieht richtig toll aus, tut den Schmetterlingen, dem Boden und der Seele gut.

Weitere Infos zu Schmetterlingen in Rheinland-Pfalz gibt es unter www.bund-rlp.de/themen/tiere-pflanzen/schmetterlinge/