Interview mit Hanspeter Faas

Die Bundesgartenschau in Heilbronn hat ganz sicher Modellcharakter für folgende BUGAs, die in ähnlicher Weise Stadtquartiere wie den Neckarbogen entwickeln wollen. Das Format der Bundesgartenschau hat sich hier erneut als ein perfektes multifunktionales Instrument für Standortentwicklung bestätigt. Und: diese BUGA ist überaus erfolgreich zu Ende gegangen, denn ihre Themen interessierten 2.3 Mio Besucher. Damit war die BUGA Heilbronn 2019 auch die beste Botschafterin für den Wert des Grüns in Städten.

Wie läuft der Rückbau, wie wird er von der Presse und der Bevölkerung begleitet, wird das Budget zur Pflege der verbleibenden Grünflächen im Gartenamt aufgestockt?

 Faas: Die Besonderheit des Konzepts der Bundesgartenschau Heilbronn 2019 bestand und besteht immer noch darin, dass es nicht darum ging, einen Park zu bauen, sondern es von vornherein das Ziel war, eine qualifizierte Grünstruktur für das neue Stadtquartier Neckarbogen mit einem umfangreichen Angebot an Grün und einer Verbindung zum Neckar zu schaffen. Infolgedessen findet nun nach der BUGA auch kein klassischer Rückbau statt. Es werden zwar Ausstellungsbeiträge entfernt, aber die dafür genutzten Bereiche werden dann weiterentwickelt. Somit ist das Grün im neuen Stadtquartier bereits durch die BUGA entstanden. Diesen Prozess haben die Bürger positiv begleitet, was sich auch an der regen Beteiligung an einer Infoveranstaltung der Stadt Heilbronn zeigt – die Bürger haben auch nach der BUGA ein starkes Interesse daran zu erfahren, wie es im Stadtquartier nach der BUGA weiter geht. Die Nachnutzung der Grünflächen ist von Anfang an bepreist worden. Es entstehen nun 20 Hektar zusätzliche Grünflächen, die die Stadt verwalten muss. Das Grünflächenamt hat dazu eine detaillierte Strategie entwickelt, hat die Kosten und den Personalbedarf entwickelt, und auch der Gemeinderat hat einen entsprechenden Beschluss gefasst.

Gibt es schon Pläne für eine BUGA nach der BUGA - ähnlich wie in Schwerin der "Kultur- und Gartensommer" oder in Koblenz die "Koblenzer Gartenkultur"? Was plant der Kreis der Freunde und Förderer der BUGA 2019?

Faas: Die BUGA Heilbronn 2019 ist ein einmaliger Event, es gibt keine Pläne für eine reine Folgeveranstaltung wie eine BUGA 2. Natürlich ergeben sich aber aus der Situation des Neckarbogens heraus weitere Aktivitäten wie die  anschließende Bautätigkeit oder das kulturelle Rahmenprogramm, und  auch die Freunde der BUGA sind gefordert. Die Stadt Heilbronn möchte die Leichtigkeit, die auf der BUGA zu spüren war, über kulturelle Events in die nächsten Jahre tragen und auch den Neckar als Veranstaltungsort langfristig positionieren.  Daran arbeitet sie mit den BUGA-Freunden.

Inwieweit ist das Konzept auch über die Veranstaltung hinaus für den Tourismus in Heilbronn von Bedeutung?

Faas: Heilbronn allein ist zwar keine klassische touristische Destination, aber die Region hat herausragende Angebote und gute Konzepte bei allerdings bisher noch relativ geringem Bekanntheitsgrad. Die BUGA hat für Heilbronn Akzente gesetzt und dafür gesorgt, dass Heilbronn über die Region hinaus bekannt wurde. Gleichzeitig ist das Hotellerie-Angebot gewachsen. Damit und mit Leuchttürmen wie der Experimenta und dem Bildungscampus hat die Stadt aber durchaus Potential, sich als Bildungsstandort und als touristische Destination zu positionieren.

Wird man ein neues Image als blühende und grüne Stadt pflegen? Wird das Juwel "Grün" als Standortfaktor jetzt eine Rolle spielen?

Faas: Heilbronn verfügt bereits über eine Tradition als grüne Stadt, sie hat den Wertwiesenpark, den botanischen Obstgarten, den Stadtpark und weitere attraktive Grünflächen. In dieses Konzept passen zusätzliche Grünbereiche hervorragend. Das Bedürfnis, eine grüne Stadt zu sein, bestand bereits, und dieses Image wird weiter ausgebaut.

Welche Bilanz ziehen Ihre Sponsoren?

Faas: Aus den Gesprächen, die wir mit Sponsoren geführt haben, ist ihre Bilanz extrem positiv. Die Sponsoren haben alle ihre Möglichkeiten, die wir gemeinsam erarbeitet haben, hervorragend genutzt, um sich zu positionieren. Es wurde aber auch deutlich, wie wichtig es ist, dass sie eigene Beiträge und Aktionen einbringen müssen, um erfolgreich zu sein und positiv wahrgenommen zu werden. Dies haben sie bei der BUGA hervorragend umgesetzt.

Welche Themen dieser BUGA werden in Zukunft Ihrer Meinung nach auch auf den nachfolgenden BUGAs wichtig sein?

Faas: Unserer Auffassung nach müssen auf den nächsten BUGAs insbesondere solch wichtigen Themen wie dem Klimawandel der notwendige Raum gegeben werden, diese komplexen Themen müssen auf einer BUGA angeboten werden. Der gärtnerische Berufsstand kann sich hier als Problemlöser positionieren. Die Präsenz der gärtnerischen Berufe auf den BUGAs ist daher extrem wichtig, denn sie verfügen über zukunftsorientierte Produkte und Dienstleistungen.

Unter selbstkritischer Betrachtung: was  hätte besser laufen können? Und was ist überraschend gut oder geplant richtig gut gelaufen?

Faas: Es gibt immer Dinge, die man in der Nachbetrachtung hätte besser machen können. Aber wichtig ist vor allem, dass man daraus lernt und versucht, beim nächsten Mal nicht dieselben Fehler zu machen. Richtig gut gelaufen ist vor allem das Experiment, die Gartenschau mit der Stadtausstellung zu kombinieren und eine bewohnte BUGA zu präsentieren, bei der die Menschen schon früh sehen konnten, wie sich das Gelände positiv verändert und was in Zukunft aus dem Gelände einmal werden wird, sowie die zahlreichen Veranstaltungen. Alles zusammen hat zu einer phantastischen Stimmung auf dem Gelände geführt. Die Begeisterung der Besucher wurde durch Mund-zu-Mund-Propaganda  weitergetragen, die Menschen waren überzeugt von dem, was sie auf der BUGA gesehen und erlebt haben.

Hans-Peter Barz, der Grünflächenamtsleiter der Stadt hat Heilbronn in Blumenampeln und Pflanztrögen, in ausgefallenen Kastenbepflanzungen auf den Brücken und selbst in Alleebäumen aufblühen lassen. Wird sich das in den kommenden Jahren wiederholen  lassen? Setzt eine BUGA Standards in der Verschönerung einer Stadt?

Faas: Heilbronn hatte bereits vor der BUGA einen hohen Standard beim Stadtgrün, und die Stadt hat dies im BUGA-Jahr noch verstärkt. Aus dem Konzept der BUGA ergeben sich weitere Flächen, die auf Dauer zusätzlich hoch attraktive Flächen sind, wie etwa der Stadtdschungel an der Kranenstraße. Aber unabhängig von der BUGA wird Heilbronn seine bereits jetzt schon hohe Qualität weiterführen.

Wie könnte man mit einer BUGA in Zukunft stärker noch grüne Politik betreiben, Hartmut Weimann erwähnte in seiner Rede zur Staatsehrenpreisverleihung an die Gärtner das Weißbuch Grün. Wie könnte man die so dringend in Städten benötigte grüne Infrastruktur mit einer BUGA noch stärker thematisieren?

Faas: Eine Gartenschau ist gerade dann, wenn sie sich mit Zukunftsthemen auseinandersetzt, immer ein Schaufenster und muss dieses Schaufenster als Chance begreifen und nutzen, um den Dialog mit Multiplikatoren zu führen. Damit kann sie Informationen über grüne Stadtthemen transportieren und Lobbyarbeit im positivsten Sinne leisten.

Eine BUGA ist wie ein trojanisches Pferd: man kann den gestalteten Freiraum gleich mehrfach mit Themen aufladen: unter Klimabezug, Nutzung, Freizeit, Sport usw. Man kann Lern- und grüne Lehrpfade einziehen, Wie kommt man darüber mit dem Besucher in den Dialog? Und wie wird er fortgeführt?

Faas: Die große Qualität einer Gartenschau ist, dass sie natürlich mit gärtnerischen Themen lockt. Sie muss aber die Chance nutzen und entsprechende Themen auch anbieten, damit die Diskussion über wichtige Zukunftsthemen geführt wird. Sie hat also gewissermaßen auch einen Bildungsauftrag.

Es gab viele Fachbesucher, auch von Landesgartenschauen, was hat sie am meisten interessiert, begeistert an dieser BUGA, was wollen sie für ihre eigenen Formate mitnehmen und vielleicht auch umsetzen?

Faas: Jede Bundesgartenschau hat ihr eigenes Konzept und ihre eigene Botschaft. Jeder Austragungsort einer BUGA muss sein eigenes individuelles Konzept finden, das für diese Stadt geeignet ist. Es geht nicht darum, etwas zu kopieren, was woanders gut gelaufen ist, sondern es geht darum, das Bestmögliche für die Stadt mit der BUGA zu erreichen oder in Gang zu setzen, auch unter dem Aspekt, dass eine BUGA ein Spiegel der Gesellschaft ist und relevante Themen bedienen sollte